Strategische Neuaufstellung der Grünen?


Die Bundespartei der GRÜNEN steht vor ihrer 50. Bundesdelegiertenkonferenz (BDK) . Es muss der Absturz binnen zwei Jahren zur vielfach gehassten politischen Kraft aufgearbeitet und umgekehrt werden. Was waren die Grüne für die saftigen Niederlagen bei den Europa-Wahlen und den Landtagswahlen im Osten?
Der Co-Parteichef Omid Nouripour hatte eine grundsätzliche Analyse angekündigt. Man werde „viele Steine umdrehen“. Aber mitten im Analyse-Versuch gaben die Co-Vorsitzenden Ricarda Lang und Omid Nouripour den Rücktritt des gesamten Parteivorstandes im November bekannt. Sie erklärten, das Wahlergebnis der Grünen in Brandenburg sei das Zeugnis der tiefsten Krise der Partei seit einer Dekade. „Es ist notwendig und vor allem ist es möglich, diese Krise zu überwinden“. „Dabei geht es nicht um das Schicksal einer Partei. Wir stehen vor einer Bundestagswahl im nächsten Jahr, bei der es entscheidend darum gehen wird, welchen Weg Deutschland für die nächsten Jahre und Jahrzehnte einschlägt, welches Land wir sein wollen“, schreibt Lang. Die Partei wolle mit größtmöglicher Stärke in diesen Wettbewerb um die Zukunft Deutschlands gehen. „Wir als Bundesvorstand dieser Partei haben in den letzten Tagen gemeinsam intensiv beraten, welche Veränderung es braucht und wir sind überzeugt: Es braucht einen Neustart“.

Mit diesem Rücktritt, der auch innerhalb der Grünen viele überraschte, wurde die Frage der „Neuausrichtung“ in Verbindung mit der Personalfrage offen auf die Tagesordnung gesetzt. Lang sagte, es brauche „neue Gesichter“, um die Partei aus dieser Krise zu führen. Die Entscheidung sei ihnen nicht leichtgefallen, aber sie sei notwendig und könne ein Baustein für die strategische Neuaufstellung der Partei sein Wirtschaftsminister Robert Habeck lobte die Entscheidung der Parteichefs. Der Rücktritt sei nicht selbstverständlich, es ist ein großer Dienst an der Partei. Auf dem anstehenden Parteitag müssen „sich die Grünen neu sortieren und neu aufstellen .., um dann mit neuer Kraft die Aufholjagd zur Bundestagswahl zu beginnen“.

Fakt ist: das Regieren in der Ampel und die globalen Krisen – haben die Position der Grünen im Parteiengefüge vollkommen verändert. Zu den Bundestagswahlen 2021 waren die GRÜNEN mit dem Konzept der „Bündnispartei“ angetreten. Den Begriff prägten Robert Habeck und Annalena Baerbock während sie der Partei 2019 ein neues Grundsatzprogramm verpassten. Was heißt Bündnispartei ? Habecks These: „Die Grünen sind in mehr unterschiedlichen Koalitionen als jede andere Partei. Es rückt unsere Partei ins Zentrum der gesellschaftlichen Debatte“. Regierungsbündnisse sind das eine, gesellschaftliche Allianzen das andere: „Als Bündnispartei definieren wir Ziele, suchen dafür Partner und organisieren Mehrheiten für die nächsten Schritte“. Je nach Thema könnten sich die Mitstreiter unterscheiden, die Gesellschaft sei schließlich komplex geworden. Mal seien es die Arbeitgeberverbände, mal die Zivilgesellschaft, mal beide.

Der politische Zeitgeist hat sich gedreht.

Die ambitionierte Klima- und Transformations-politik und das Anpacken der Energiewende sind nicht mehr Konsens in der Ampel und schon gar nicht in der parlamentarischen Opposition von CDU/CSU und AfD und BSW. Bei den Beratungen zum Haushalt 2024 weigerte sich die FDP die Finanzierung der notwendigen Infrastruktur durch eine weitere Aussetzung der Schuldenbremse zu ermöglichen. Kanzler Scholz setzte dann als „Kompromiss“ die Umschichtung der nicht verbrauchten Corona-Kredite durch. Für die Unionsparteien eine willkommene Steilvorlage mit einer Klage vor dem Bundesverfassungsgericht diesen Haushaltskompromiss zu Fall zu bringen und damit die begonnene Dynamik der Transformation raus aus der fossilen Energie zu bremsen. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zur Umschichtung von Notkrediten hatte eine massive Streichliste zur Folge, nicht nur im Hinblick auf die gewaltigen Klimaschutzinvestitionen, sondern auch für nicht mehr hinreichend finanzierbare staatliche Investitionen in den Bereichen Infrastruktur, Digitalisierung, Wohnungsbau, Bildung, Gesundheit und nicht zuletzt für eine Arbeitslosigkeits- und Armutsbekämpfung ganz zu schweigen von Ausgaben für eine notwendige Migrationspolitik. Allein im Klima und Transformationsfonds sollten zwischen 2024 und 2027 insgesamt 211,8 Milliarden Euro staatlicher Gelder bereitgestellt werden. Nun fehlten hier 60 Milliarden bzw. gut 28% möglicher Ausgaben.

Dabei ist Dringlichkeit wirksamer Klimamaßnahmen immer offenkundiger nach einem Sommer, der weltweit Klimarekorde gebrochen hat – mit überhitzten Weltmeeren, Überflutungen und gefährlichen Waldbränden. Mit dem Krieg in Israel war nach Corona und dem Ukraine-Krieg eine weitere humanitäre Krise hinzugekommen, welche die Klimakrise in der öffentlichen Wahrnehmung in den Hintergrund drängte Der negative Sog hat sich in den vergangenen Monaten immer weiter verstärkt und reißt die Grünen mit. Der härteste Teilaspekt dieser schweren Niederlagen ist die Abwendungen eines größten Teils der Jungwähler.

Deren Hauptsorgen sind andere, erklärte Jugendforscher Rüdiger Maas. Eine repräsentative Umfrage unter 16-25-Jährigen bundesweit ergab: Bei der Frage nach den größten politischen Problemen antworten 32 Prozent mit „Migration“, danach folgen „Klimawandel“ mit 11 Prozent und „Rechtsextremismus“ mit 10 Prozent. Die restlichen 46 Prozent verteilen sich auf sehr viele Kategorien mit geringem Prozentsatz. Auch bei der Kommunikation auf Social Media hat sich seit 2019 viel verändert. Etwa 52 Prozent der jungen Leute beziehen inzwischen ihre Informationen ausschließlich aus Social Media, hat Jugendforscher Maas festgestellt. Und dort gebe es auch durchaus orchestrierte Aktionen gegen Grüne Politikerinnen und Politiker, stellt die Politologin Jasmin Riedl fest. Allerdings reiche das nicht aus, um die Wahlergebnisse und Verluste bei jungen Wählern zu erklären. Auch sie sieht eine Verschiebung der wichtigsten Themen hin zu Kriminalität und Migration, was eher der AfD in die Karten spiele.

Emotionale Personalisierung statt Problemlösungen

Für die konservativen Parteien und Interessengruppen, die weiterhin auf ein fossiles „Weiter so“ setzen, lässt sich mit einem Feindbild Grün von der eigenen Verweigerung und Konzeptlosigkeit bei der sozial-ökologischen Transformation ablenken. So wird auch das sich abzeichnende Verfehlen de 1,5 Gradzieles und das Erreichen katastrophaler Kipp­punkte politisch mit Verweis auf Wohlstandsverluste gerechtfertigt. Weil die Grünen in den letzten Jahren bis weit in die bürgerliche Mitte hinein beachtliche Gewinne erzielt hatten, geht es bei der Dämonisierung der Grünen auch um die Einhegung der größten politischen Konkurrenz in der Mitte der Gesellschaft.
Dabei spitzt sich die Kritik hauptsächlich auf Klima- und Wirtschaftsminister Robert Habeck zu. Eigene Fehler, wie beim Umgang mit dem ersten Entwurf des Heizungsgesetzes , wurden von Robert Habeck und der Parteiführung eingestanden, aber waren weiterhin Munition für rechten Kampagnenträger. Hinzu kam dann der Vorwurf der „Vetternwirtschaft“ Die ambitionierte Klima- und Transformations-politik und das Anpacken der Energiewende war nicht mehr Konsens in der Ampel und schon gar nicht in der parlamentarischen Opposition von CDU/CSU und AfD.

Gesteuerte Migration

Zugleich nahm im öffentlichen Diskurs die Migration einen immer größeren Raum ein. Die hohe Zahl von Migrantinnen und Geflüchteten bei einer geringen Zahl von Abschiebungen bewegt viele Bürgerinnen und forderte die Kommunen mit ihren humanitären Unterstützungsmaßnahmen heraus. Sind härtere Bedingungen für Asyl und vermehrte Abschiebungen eine unverzichtbare humanitäre Ordnung? Unter dieser Fragestellung verliefen die Europawahlen im Sommer 2024 und auch die Landtagswahlen.
Die Position wird die Debatten auf dem kommenden Parteitag prägen. Schon auf der letzten BDK im November letzten Jahres hatte es eine Kontroverse über die Einführung des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) gegeben. Vor allem die Vertreter:innen der Grünen Jugend sprachen sich damals gegen Kontrollen an den deutschen Außengrenzen aus. Die Grünen haben dem GEAS am Ende zugestimmt. Kontrollen gibt es nicht mehr nur an manchen deutschen Landgrenzen, sondern an allen. Geplant ist die teilweise Inhaftierung und beschleunigte Rückführung von Asylbewerbern, die bereits in einem anderen EU‑Staat einen Asylantrag gestellt haben.

CDU und Grüne in Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein brachten im Bundesrat zwei Entschließungsanträge für eine härtere Gangart gegen irreguläre Migration ein. Dieser Kurs ist in der Partei jedoch umstritten. Ein Antrag der „Bundesarbeitsgemeinschaft (BAG) Migration und Flucht hat einen Antrag vorgelegt, der die Pläne der Bundesregierung in vielen Bereichen ablehnt, die auch Wirtschaftsminister Robert Habeck mitträgt. „Als Teil dieser Regierung fordern wir, dass Menschenrechte nicht nur Rhetorik bleiben, sondern konsequent in die Praxis umgesetzt werden“, heißt es in der Einleitung des Antrags. Die Unterzeichner fordern einen sofortigen Stopp von Abschiebungen nach Afghanistan und Syrien. Das verletze „fundamentale Menschenrechte und internationale Konventionen“. „Wir erwarten, dass sich die Grünen in der Bundesregierung und als Partei entschieden gegen (weitere) Abschiebungen nach Afghanistan oder Syrien stellen“. Straftäter müssten in Deutschland zur Rechenschaft gezogen werden. Anfang September hatten Habeck und seine Parteikollegin Annalena Baerbock als Außenministerin zudem ein „Sicherheitspaket“ in der Regierung mitverhandelt in Reaktion auf den islamistisch motivierten Anschlag von Solingen. Darin enthalten sind Asylrechtsverschärfungen, etwa Flüchtlingen die Sozialleistungen zu streichen, wenn ein anderes EU-Land sie zurücknehmen müsste. Man lehne das entschieden ab, heißt es im BAG-Antrag: „Wir erwarten, dass die Verfassungsmäßigkeit der Sozialleistungen für Asylsuchende sichergestellt ist. “Teil des Pakets ist auch, dass Flüchtlinge ihren Schutzstatus verlieren, wenn sie ihr Heimatland besuchen. Diese Verschärfung sei „weder notwendig noch sinnvoll“.

Schon auf der letzten BDK wurde die Debatte um Migrationspolitik kontrovers geführt aber letztlich ist eine große Mehrheit der Delegierten der Position der Parteiführung gefolgt, nachdem Habeck und Baerbock mit dem Ende der Regierungskoalition drohen mussten, um einen Antrag zu verhindern, der sich gegen zentrale Vorhaben der Regierung in der Migrationspolitik stellte. Grünen-Parteichef Omid Nouripour, der wie seine Co-Vorsitzende Ricarda Lang, zeigte sich optimistisch: „Wir werden auf einen Parteitag gehen, der eine ehrliche Debatte haben wird, die vor allem am Ende aber wieder zusammengeführt werden wird.“ Die Grünen seien eben nicht wie die anderen Parteien, „die von vornherein alles so wegrasieren, dass die Leute entmutigt werden, Anträge zu stellen“.

…und der Rückzug von Teilen der Jugendfunktionäre

Dies haben die jungen Grünen offensichtlich anders wahrgenommen und insofern sind die Rück- und Austritte des Bundesvorstands der Grünen Jugend und weiterer Vorstände der Landesverbände folgerichtig. »Die Grüne Partei macht keine linke Politik, wie es sie eigentlich bräuchte – zu oft werden schlechte Kompromisse gemacht«, begründete Landessprecherin Vivianne Schwedersky von der Grünen Jugend in Nordrhein-Westfalen ihren Austritt. »Statt einer menschenwürdigen Asylpolitik erleben wir einen massiven Rechtsruck, den die Grünen mittragen«, kritisierte Schwedersky. »Ob sie dies mit Bauchschmerzen tun oder ohne, das verändert an dem politischen Ergebnis nichts.«

Die Landessprecherin der Grünen Jugend Schleswig-Holstein, Katharina Kewitz, erklärte: »Das, wofür wir kämpfen, lässt sich mit dieser Partei nicht erreichen.« Es müsse »Schluss sein mit profitorientierter Politik«. Ebenso müsse Schluss sein mit einer Politik, »die das Bürgergeld nicht erhöhen möchte« und die »Geflüchtete gegen Armutsbetroffene ausspielt«. Was in Deutschland derzeit fehle, »ist eine starke linke Kraft«, schrieb Kewitz weiter. Nach dem Rücktritt des Bundesvorstandes und der Ankündigung die Grünen zu verlassen, erklärten der 24-jährige Jakob Blasel und die 25-jährige Jette Nietzard ihre Kandidaturen. Blasels inhaltlicher Schwerpunkt liegt auf der Klimapolitik. Der Student aus Lüneburg ist seit Jahren in der Klimabewegung aktiv und war Mitorganisator der ersten Demos von Fridays for Future in Deutschland. In seinem Bewerbungsschreiben an die Mitglieder der Parteijugend heißt es, man dürfe sich nicht „beim ersten Gegenwind zum Klimaschutz wegducken – sondern muss Lösungen finden, die sozial absichern und die Reichen zur Kasse bitten.“ Der Mitte-Kurs der Grünen befeuere am Ende nur den Rechtsruck. Der Kandidat Blasel sagt in seinem Bewerbungsschreiben, er teile ausdrücklich „die Kritik an der Ampel und an den Grünen von denen, die gehen“. Auch Nietzard schreibt von „Frustmomenten“ in den letzten Jahren, gibt sich für die Zukunft aber zuversichtlich: „Gemeinsam werden wir Bündnis 90/Die Grünen von Kreisverband bis Bundesebene an ihre Grundwerte erinnern und nach links schieben.“ Offen bleibt, was genau sie anders machen wollen als ihre Vorgänger*innen, um parteiintern mehr zu erreichen.

Mit neuem Personal auch neue Impulse?

Für Außenstehende wirkte die Personalrochade in der Parteiführung hoch professionell. Es vergingen keine 48 Stunden um die designierten Nachfolger:innen für Nouripur und Lang der Öffentlichkeit zu präsentieren. Für den Parteivorsitz der Grünen gaben die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundeswirtschaftsministerium, Franziska Brantner, und ihr Fraktionskollege Felix Banaszak via Instagram ihre Kandidatur für den Parteivorsitz bekannt.

Brantner ist eine enge Vertraute von Wirtschaftsminister Robert Habeck, der für die Grünen als Spitzen- oder Kanzlerkandidat in die Bundestagswahl ziehen will. Die Frage nach einer „Robert-Habeck-Linie“ bei den Grünen beantwortete sie in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Banaszak aber deutlich mit: „Ich kandidiere als Franziska Brantner, und wenn ich gewählt werde, bekommen alle Franziska Brantner.“ Weiter erklärte Banaszak im Verlauf der Pressekonferenz: „Es ist kein Geheimnis, dass Robert Habeck eine zentrale Rolle für die Grünen spielt und weiterspielen wird.“ Die 45-Jährige Brantner kommt aus dem einflussreichen Grünen-Verband im grün-schwarz regierten Baden-Württemberg. Sie kandiere mit Demut und „wohlwissend, dass es nicht die einfachste Aufgabe ist“, sagte sie. Das Land und die Partei würden in schwierigen Zeiten stecken. „Ich mache das, weil ich der festen Überzeugung bin, dass wir dieses Land voranbringen können, dass wir es zusammenbringen müssen.“ Sie habe einen klaren Kompass, betont sie – sei aber offen in den Wegen, die zu den Zielen führen. Es ginge nur mit den Bürgern, nicht gegen sie. Brantner räumte zugleich ein: „Regierungsbeteiligung hat ihren Preis. Das bekommen wir Grüne deutlich zu spüren.“

Felix Banaszak schrieb zur Bekanntgabe seiner Kandidatur: „Manchmal muss man all in gehen.“ Banaszak hat als einstiger Parteichef in Nordrhein-Westfalen im Jahr 2022 die Koalitionsverhandlungen mit der CDU zur Bildung der schwarz-grünen Landesregierung in Düsseldorf mitgestaltet. Als er den Landesvorsitz übernahm, seien es ebenfalls „keine rosigen Zeiten“ gewesen, sagte Banaszak. Er wisse deshalb, was in der aktuellen Situation gebraucht werde.
In 15 Jahren bei den Grünen habe er aber auch erlebt, dass es nach einem Tal wieder bergauf gehen kann. Die Grünen seien eine Partei, die Hoffnung verbreiten wolle – und nicht „den Kopf in den Sand steckt.“

Was folgt programmatisch

Die Grünen wollen nach den Worten des designierten Wahlkampfleiters Andreas Audretsch mit einer schärferen Profilierung aus der Krise kommen. Eine Koalition bedeute, Kompromisse zu machen – aber auch deutlich zu machen, wofür die Partei genau stehe. Das Thema Migration werde ein „ganz zentrales“ sein. Dabei gehe es darum, ein positives Bild der Zuwanderung zu vermitteln, ohne die der Fachkräftemangel nicht zu bewältigen sei. Zugleich würden die Grünen weiterhin mit Klarheit gegen Islamismus und Terrorismus eintreten. Audretsch nannte außerdem das Thema Gerechtigkeit – und hierbei vor allem steigende Mieten und Spekulationen mit Immobilien, Klimaschutz und die Auflösung des Investitionsstaus. Man wolle deutlicher machen, „was Klimaschutz und ein gutes Leben für Menschen verbindet“, erklärte er. Er argumentierte: Wenn mehr investiert würde und dann etwa die Bahn wieder zuverlässiger fährt und Schulen saniert werden, dann nütze das dem Klima, sei aber auch für die Bürger im Alltag positiv spürbar.

Auf dem Zukunftskongress der grünen Bundestagsfraktion wurden Thesen mit neuen Zielsetzungen vorgestellt, die doch einige Akzente neu setzen, vor allem auf eine Alltagsverbesserung für die Menschen. Bezahlbare Wohnungen, auch in den Großstädten. Eine erneuerbare Energieversorgung vor Ort zum Selbermachen und Teilen. Eine klimaneutrale Wirtschaft mit guten Jobs. Ein Land, das lebenswert bleibt und nicht durch die Folgen der Klimakrise immer unsicherer wird. „Diese Veränderungen erfordern entschlossenes Handeln und gezielte Investitionen. Wir dürfen nicht zulassen, dass Deutschland in zentralen Bereichen zurückfällt. Stattdessen sollten wir aktiv an einer zukunftsfähigen Infrastruktur arbeiten – für uns selbst und kommende Generationen.“ Dazu werden folgende Vorschläge gemacht:

  1. Deutschland-App: Moderne Verwaltung, einfacher Zugang
    Mit einer „Deutschland-App“ wollen wir in der öffentlichen Verwaltung den entscheidenden Wandel einleiten.
  2. Das Land in Bewegung bringen: Eine Mobilitätsgarantie für alle
    Das Deutschlandticket war ein Meilenstein auf dem Weg in diese Richtung. Und die bisherige Bilanz des Tickets ist gut: Etwa jeder vierte Bürger hat das Deutschlandticket zumindest schon einmal ausprobiert. Gut 13 Millionen Tickets wurden zuletzt monatlich verkauft. Doch das Potenzial des Deutschlandtickets ist deutlich größer:
  3. Mut macht Zukunft! Für ein Land, das einfach funktioniert
    Wir investieren in die Sanierung bestehender Strecken und den Ausbau grenzüberschreitender Verbindungen, um einen schnellen, komfortablen und klimafreundlichen Verkehr zu ermöglichen.
  4. Wohnen zukunftsgerecht gestalten: Bezahlbarer Raum für alle
    Ein Land, das einfach funktioniert, bietet gute Wohnungen für alle. Wir schlagen deshalb eine Wohnraumoffensive vor, die nachhaltig ist und sozial gerecht. Ein Schlüssel zur Lösung ist Umnutzung statt Abriss und Neubau. Wir begrenzen Mieterhöhungen, indem wir eine dauerhafte gesetzliche Grundlage für die Mietpreisbremse schaffen und sie verschärfen.
  5. Eine erneuerbare Energieversorgung vor Ort:
    Das ist der Weg nach vorne. In den letzten drei Jahren haben wir hier in der Bundesregierung extrem viel erreicht. Fast 60 Prozent des Stromverbrauchs stammen aus erneuerbaren Energien. Unser Ziel: Bis 2030 sollen mindestens 80 Prozent des Bruttostromverbrauchs aus erneuerbaren Energien gedeckt werden.
  6. Investitionen in die Zukunft sichern
    Zu einem Land, das einfach funktioniert, gehört eine klimaneutral produzierende Wirtschaft, die Weltspitze ist. … Das Land wurde jahrelang auf Verschleiß gefahren. … Wir machen einen neuen Vorschlag, um den Investitionsstau zu durchbrechen: den „Deutschland-Investitionsfonds für Bund, Länder und Kommunen“. Mit Hilfe des Deutschland-Investitionsfonds investieren wir Milliarden in die Modernisierung der Infrastruktur und eine international wettbewerbsfähige Wirtschaft
  7. Bildung als Schlüssel für eine starke Zukunft
    Ein Land, das einfach funktioniert, bietet gute Bildung für jedes Kind. Wir wollen, dass alle Kinder und Jugendlichen in Deutschland die gleichen Chancen haben, unabhängig davon, in welchem Stadtteil sie aufwachsen oder welchen Beruf ihre Eltern ausüben. Bildung ist der Schlüssel zu sozialem Aufstieg, persönlicher Entwicklung und wirtschaftlicher Stärke. … Mit einem Zukunftsinvestitionsprogramm Bildung wollen wir das Bildungssystem gemeinsam mit Ländern und Kommunen modernisieren.

Es wird sich zeigen, ob die Veränderung des vormals gesetzten Anspruchs „Bündnispartei als Volkspartei“ zur „Bündnispartei“ hin zum progressiv-konservativen Lager eine realistische Option ist. Dazu müsste zuerst die Partei sich hinter diese Option stellen, zumal nicht ausgemacht ist, ob die Strahlkraft der schwarzgrünen Landeskoalitionen groß genug ist. Das GRÜNEN-Bashing von Seiten der CSU wird nicht von allen Teilen der CDU unterstützt. Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther sprach sich für einen positiveren Umgang der Union mit den Grünen aus. „Sie sind verlässlich in der Koalition, man kann mit ihnen vertrauensvoll zusammenarbeiten“. Bei aller Häme dürfe seine Partei nicht vergessen, dass die Grünen für wichtige Themen stünden. „Und dafür muss auch eine Union stehen, als eine Partei, die ja immer die natürlichen Lebensgrundlagen im Mittelpunkt gehabt hat.“ Es liege kein Segen darin, in die reine Auseinandersetzung nur mit den Grünen zu gehen, sagte Günther.

Björn Radke / OV-Die Grünen / Trave-Land

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