»Physik gilt auch für Idioten« (Harald Lesch)

Die Erderwärmung und die Folgen

In seiner Rede vor der UN-Generalversammlung bestritt US-Präsident Donald Trump die Existenz des menschengemachten Klimawandels. Er bezeichnete ihn als »größten Betrug, der jemals an der Welt begangen wurde« und sprach von einem »grünen Schwindel«.

Wissenschaftliche Studien warnen dagegen immer häufiger – trotz aller heftigen Leugnungen – vor den deutlich hervortretenden Folgen des menschengemachten Klimawandels. Dabei geht es nicht nur um die Erderwärmung durch die Treibhausgase CO2, sondern um menschliches Handeln, das die lebenswichtigen Funktionen der Erde in Gefahr bringen.

Laut dem aktuellen »Planetary Health Check«[1] des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) sind sieben von neun kritischen Belastungsgrenzen des Erdsystems überschritten – eine mehr als im Vorjahr. Dazu schreiben die Autoren: »Wir sind in das Anthropozän eingetreten – eine Ära, in der menschliche Aktivitäten das System Erde dominieren. Um die Widerstandsfähigkeit und Stabilität der Erde zu bewahren, müssen wir den Planeten wieder in seine planetarischen Grenzen zurückbringen. Diese Grenzen sind wissenschaftlich definierte Leitplanken, die die Gesundheit der Erde gewährleisten. Bleiben wir innerhalb dieser Grenzen, bleibt die Erde unser verlässlicher Lebensraum – überschreiten wir sie, riskieren wir irreversible Schäden an unserem eigenen Lebenserhaltungssystem. Heute sind sieben von neun Grenzen überschritten.«

Der Planetary Health Check ist ein jährlicher Bericht über den Zustand des Planeten. Er enthält die aktuellsten Bewertungen der planetarischen Grenzen, gibt einen umfassenden Überblick über die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse und beleuchtet besonders relevante Aspekte der Gesundheit unseres Planeten. In der Ausgabe für 2025 liegt der Schwerpunkt auf der Rolle der Ozeane im System Erde und bewertet erstmals die Versauerung der Ozeane als siebte überschrittene planetarische Grenze.

»Mehr als drei Viertel der lebenswichtigen Erdsystemfunktionen befinden sich nicht mehr im sicheren Bereich. Die Menschheit verlässt ihren sicheren Handlungsraum und erhöht so das Risiko, den Planeten zu destabilisieren«, sagte PIK-Direktor Johan Rockström, Koautor des Berichts. Der Zustand der Erde verschlechtere sich massiv.

Die sieben überschrittenen Grenzen sind laut Bericht: Klimawandel, Integrität der Biosphäre, Veränderung der Landnutzung, Veränderung der Süßwassersysteme, Veränderungen im Stickstoff- und im Phosphorkreislauf, Eintrag menschengemachter Substanzen sowie auch die Ozeanversauerung. Zwei der ausgewiesenen Belastungsgrenzen liegen laut den Forscher*innen noch im sicheren Bereich: die Belastung durch Aerosole (Luftverschmutzung) und die Ozonschicht. Sobald eine Grenze überschritten wird, steigt das Risiko, die wichtigen Funktionen der Erde dauerhaft zu schädigen, und die Wahrscheinlichkeit, dass Kipppunkte überschritten werden, die Veränderungen unumkehrbar machen. Die Wissenschaft beobachtet diese Grenzen anhand zentraler Indikatoren.

Hauptursache für die Ozeanversauerung ist laut »Planetary Health Check« die Verbrennung fossiler Energieträger, verstärkt durch Abholzung und Landnutzungswandel. Ozeane nehmen etwa große Mengen des menschengemachten Kohlendioxids aus der Atmosphäre auf, wodurch ihr Wasser saurer wird. Durch diese Faktoren verlieren die Meere zunehmend ihre stabilisierende Rolle im Erdsystem, wie das Forscherteam mitteilte.

Die Folgen seien spürbar: Kaltwasserkorallen, tropische Riffe und arktische Ökosysteme gerieten unter Druck. Zudem ergeben sich negative Folgen für ganze Nahrungsketten und die Ernährungssicherheit auch des Menschen. So zeigen laut PIK winzige Meeresschnecken, sogenannte Flügelschnecken, bereits Schädigungen an ihren Schalen. Sie seien eine wichtige Nahrungsquelle für Fische und Wale.

»Die Entwicklung geht eindeutig in die falsche Richtung. Die Ozeane versauern, Sauerstoffwerte sinken, und marine Hitzewellen nehmen zu. Damit wächst der Druck auf ein System, das für stabile Lebensbedingungen auf unserem Planeten unverzichtbar ist«, so die Ko-Leiterin des Planetary Boundaries Science Lab und Leitautorin des Berichts, Levke Caesar. Die Versauerung sei ein unübersehbares Warnsignal, dass die Stabilität der Erde in Gefahr sei, sagte die US-amerikanische Ozeanografin und Mitglied der Initiative Planetary Guardians, Sylvia Earle. Aber Beispiele wie der Rückgang der Luftverschmutzung durch Aerosole und die Erholung der Ozonschicht zeigen, »dass wir die globale Entwicklung umsteuern können. Auch wenn die Diagnose ernst ist, besteht weiterhin die Chance, diese Entwicklung umzukehren«, sagte PIK-Direktor Rockström.


Das Bild der Klimakrise wird immer deutlicher und komplexer

Überschwemmungen, Hitzewellen und Wassermangel treten rund um den Globus immer häufiger auf. Dass die Industrie seit mehr als 100 Jahren durch den hohen CO2-Ausstoß maßgeblich dazu beiträgt, ist in der Fachwelt unstrittig. Doch manche Aspekte – etwa, ob sich die Erhitzung beschleunigt – muss die Wissenschaft noch genauer klären, bevor sie zu einem Konsens kommt. Bemerkenswert ist daher eine Stellungnahme, die die Deutsche Meteorologische Gesellschaft gemeinsam mit der Deutschen Physikalischen Gesellschaft anlässlich eines Extremwetterkongresses[2] in Hamburg veröffentlichte. »Die Beschleunigung der globalen Erwärmung ist derart schnell, dass wir aus der Klimakurve fliegen«, sagte Frank Böttcher, Vorsitzender der Deutschen Meteorologischen Gesellschaft. Deutschland und viele weitere Staaten emittierten weiterhin zu viel CO₂. Es sei realistisch, dass es auf der Erde im Jahr 2050 bereits drei Grad wärmer sein werde als vor der Industrialisierung. Man müsse mit einer solchen »Welt denken und planen«, so Böttcher. »Wir müssten dringend auf die Bremse treten.« So heißt es denn auch in dem »Klima-Appell an die Politik«:

»Wir rufen alle politischen Akteurinnen und Akteure in Deutschland auf:

  • sich der realen Gefährdungslage durch die fortschreitende menschengemachte globale Erwärmung und der Dringlichkeit des Handelns bewusst zu werden.
  • auf der Basis des bisher Erreichten Entscheidungen für eine weitere und drastische Reduktion der Emissionen von Treibhausgasen zu treffen, insbesondere bei der Energieerzeugung, der Mobilität, der industriellen Produktion, dem Bauen und der Landwirtschaft.
  • in internationalen Verhandlungen konsequent für eine Begrenzung der Treibhausgasemissionen unter Einhaltung der Vorgaben des Pariser Klimaabkommens einzutreten.
  • die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen so zu verändern, dass die Vermeidung von Treibhausgasemissionen deutlich attraktiver wird.
  • Anreize so zu gestalten, dass emissionsarme Produkte und Dienstleistungen günstiger sind als emissionsstärkere.
  • Voraussetzungen zu schaffen, um treibhausgasemissionsfreie Prozesse anzuwenden und die benötigten Verfahren sowie Anlagen für eine sparsame und effiziente Energienutzung weiterzuentwickeln.
  • im Naturschutz verstärkt Maßnahmen zu fördern, bei denen CO2-Speicherung durch Aufforstung, den Schutz und die Wiederherstellung von Mooren sowie die langfristige Nutzung von Holz als Baustoff stattfindet.
  • notwendige Maßnahmen zur Anpassung an die Folgen der globalen Erwärmung so zu planen, dass sie nach Möglichkeit gleichzeitig auch dem Klimaschutz dienen.
  • den Rückzug aus tieferliegenden Küstenregionen an Nord- und Ostsee zu diskutieren
  • die wissenschaftsbasierte Information der Gesellschaft sicherzustellen

Der mehrtägige Extremwetterkongress ist nach Angaben der Veranstalter die »führende interdisziplinäre Fachtagung für Extremwetter im Klimawandel in Deutschland«. Dort versammelten sich rund 700 Fachleute aus Meteorologie, Stadtplanung, Wissenschaft, Medien und Politik zum 15. ExtremWetterKongress (EWK). Die Kombination aus ExtremWetterKongress und KlimaManagementTagung verfolgte eine klare Mission: vom Wissen zur Umsetzung. In über 40 Workshops wurden Strategien entwickelt, wie Klimaanpassung in Stadtplanung, Infrastruktur und Bildung konkret umgesetzt werden kann. Denn, so der Tenor aller Beiträge: Der Wandel ist da – entscheidend ist jetzt, wie wir ihm begegnen.

Zum Kongress– getragen von Organisationen wie dem Deutschen Wetterdienst (DWD), dem Alfred-Wegener-Institut (AWI) und weiteren führenden Institutionen – legte der DWD seine neueste Ausgabe des jährlich veröffentlichten Extremwetter-Faktenpapiers mit dem Titel: »Was wir 2025 über das Extremwetter in Deutschland wissen«[3] vor.  Die Kernthesen lauten:

  • Die globale Erwärmung erhöht generell die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten bestimmter Extreme.
  • Die Zunahme von Hitzewellen ist zweifelsfrei eine Folge der globalen Erwärmung.
  • Die Häufigkeit von Trockenphasen ist gestiegen.
  • Keine ausgeprägten Veränderungen der Windgeschwindigkeiten.
  • Mit jedem weiteren Jahr verbessert sich die Datengrundlage zur Bewertung der mit Starkregen verbundenen Schadensrisiken.

Der Hinweis auf die ständige Verbesserung der Datenlage macht deutlich, wie rückwärtsgewandt und gefährlich wissenschaftsfeindlich die Entscheidungen Trumps sind, die Gelder für die Klimaforschung und das Umweltministerium zu streichen. Diese Realitätsverweigerung kann uns allen teuer zu stehen kommen.

Laut Tobias Fuchs, Vorstand Klima und Umwelt beim DWD, war jedes Jahrzehnt seit 1960 wärmer als das vorangegangene. »Der Sommer 2025 hat Europa erneut gezeigt: Der Klimawandel ist kein fernes Szenario mehr, sondern unsere neue Realität – mit Hitzerekorden, Extremregen und Ernteverlusten zugleich.«

Auch die Gletscher in den Alpen schmelzen weiter – und zwar schneller denn je. Der vergangene Winter war dort laut DWD ungewöhnlich mild und schneearm, mit bis zu 40% weniger Schneedeckentagen. Besonders alarmierend sind die Veränderungen in den Polarregionen. Das arktische Meereis erreichte in diesem Jahr den niedrigsten Winterstand seit Beginn der Satellitenmessungen. Das Meereis, einst Garant für Stabilität in der Atmosphäre, wird zur Fehlstelle – mit weltweiten Rückkopplungseffekten.


Klima in Deutschland

Vor der eigenen Haustür zeigt sich der Wandel ebenfalls unübersehbar. Nord- und Ostsee erreichten 2025 Rekordtemperaturen, in Kiel dauerte eine marine Hitzewelle über 55 Tage. Der Meeresspiegel in Cuxhaven ist seit 1900 um mehr als 25 Zentimeter gestiegen – und könnte sich bis 2100 um weitere 1,1 Meter erhöhen, falls die Emissionen nicht drastisch sinken.

Der DWD zeigt, dass sich das Klima in Deutschland in den letzten Jahrzehnten beschleunigt erwärmt hat. Demnach gehen die globalen Treibhausgasemissionen nicht zurück, sondern sie steigen. Voraussichtlich werden wir deshalb schon zwischen 2028 und 2036 das 1,5°C-Ziel endgültig gerissen haben. Trotzdem ist es nicht zu spät, alle Kräfte gegen die globale Erwärmung zu mobilisieren. Jedes Zehntelgrad weniger globale Erwärmung ist wichtig.

Die letzten drei Jahre 2022-2024 waren in Deutschland die wärmsten drei Jahre seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Neu ist, dass sich seit 2023 auch die Nordsee und die Ostsee stark erwärmt haben und dadurch für viele Hitzerekorde an Land gesorgt haben. Wir haben heute viermal so viele Tage mit einer Temperatur von über 30°C als noch vor 10 Jahren. Die zunehmende Hitze belastet die Natur und die Menschen enorm und es gibt immer mehr Hitzetote, vor allem in den Städten.

Der Deutsche Wetterdienst lobt, dass immer mehr Kommunen Hitzeschutzpläne aufstellen und Klimaschutzmanager*innen einstellen. Er fordert all jene Kommunen, die das noch nicht getan haben, dazu auf, nachzuziehen. Durch die höheren Temperaturen steigt unser Wasserbedarf. Bleiben dann noch Niederschläge durch längere Trockenphasen aus, ist unsere Versorgung mit Nahrungsmitteln und Trinkwasser gefährdet. Wir müssen also im Sommer lernen, Regenwasser effizienter zu nutzen und nicht ungenutzt ins Meer fließen zu lassen.


»Die Welt ist eine schwierigere geworden, aber wir dürfen die Hoffnung nicht aufgeben!«

Auf der Pressekonferenz trat auch Sven Plöger[4] auf: Heute sei die Welt schwieriger geworden für all jene Menschen, die sich für Klimaschutz einsetzen. Er zitierte Donald Trump, der gesagt hat: »Wenn Europa nicht mit dem Klimaschutz aufhört, wird es den Bach herunter gehen.« Es sei verführerisch, die Verantwortung an jemanden zu übertragen, der die globale Erwärmung leugne. Populismus habe, so Plöger, noch nie Probleme gelöst, sondern nur neue geschaffen. Umso wichtiger sei es, dem Populismus nicht das Feld zu überlassen, sondern motivierte Menschen zu gewinnen, die sich engagieren und gemeinsam nach Lösungen gegen die globale Erwärmung suchen. Der aktuellen Bundesregierung sollten die Ohren klingeln statt den Zug gegen die Wand zu fahren.

Anmerkungen

[1] https://www.planetaryhealthcheck.org/wp-content/uploads/PlanetaryHealthCheck2025_ExecutiveSummary.pdf.
[2] https://www.dpg-physik.de/veroeffentlichungen/publikationen/stellungnahmen-der-dpg/klima-energie/klimaaufruf/stellungnahme.
[3] Deutscher Wetterdienst (DWD), Faktenpapier 2025: „Was wir über das Extremwetter in Deutschland wissen“: https://www.dwd.de/DE/leistungen/faktenpapier_extremwetter/faktenpapiere.html.
[4] Im März 2010 erhielt Plöger auf dem Extremwetterkongress in Bremerhaven die Auszeichnung Bester Wettermoderator Deutschlands.

Björn Radke 29.09.2025

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